“Winter in Lviv” im Bamberger Odeon

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Till Mayer und Kollegen dokumentieren Frauenschicksale in der Ukraine

Die Filmemacher Till Mayer, Pirmin Styrnol, Hendrik Steffens und Dustin Hemmerlein haben einen Film gedreht, der vier Frauenschicksale in der Ukraine nachzeichnet. Diese sind geprägt von Armut und Krieg. Wir haben Till Mayer im Vorfeld der Filmpremiere interviewt.

Wie sind Sie auf die Idee gekommen, in die Ukraine zu reisen und diesen Film zu drehen?
Vor zehn Jahren reiste ich für ein Buch- und Ausstellungsprojekt über KZ-Überlebende in die Ukraine nach Lviv. Viele Geschichten folgten in den folgenden Jahren aus dieser Stadt. Und auch viele Spenden. Insgesamt kamen so rund 300.000 Euro an Spendengeldern zusammen. Das Rote Kreuz konnte damit einen Fonds eröffnen, der an Rentner in größter Notlage kostenlos Medikamente verteilt.
Ende 2016 stellte das Gesundheitsministerium landesweit die Gehaltszahlungen für die Rotkreuz-Sozialstationen ein. Doch für ihre Klienten sind die Rotkreuz-Schwestern unentbehrlich und auch für unsere Medikamentenverteilung. Darum der Film und die multimediale Rettungsaktion.

Eine mediale Rettungsaktion, so untertiteln Sie den Film. Was wollen Sie mit dem Film erreichen?
Dass wir 100.000 Euro an Spenden bekommen. Dann wäre die Sozialstation für fünf Jahre gesichert.
Und die Versorgung ihrer betagten Klienten.

Die Altersarmut in der Ukraine, ist sie wirklich so extrem?
Ja, wie in so vielen postsozialistischen Ländern. Rund 50 Euro beträgt die Durchschnittsrente in der Ukraine. Eine funktionierende Krankenversicherung gibt es nicht. Wer keine Kinder und Enkel hat, den erwartet ein bitterer Winter des Lebens.

Was hat Sie bei den Begegnungen mit den Frauen am meisten beeindruckt?
Ihre Stärke und ihre Lebensmut. Die 75-jährige Krankenschwester, die ihren Dienst fortführt, selbst als es keinen Lohn mehr gibt. Die 99-jährige KZ-Überlebende, die erzählt, wie kostbar Frieden ist. Die Rentnerin, die Altpapier sammeln muss, um zu überleben. Sie macht sich nicht um sich, sondern um die Zukunft der Jugend Sorgen. Oder die Mutter, deren Sohn mit 25 Jahren an der Front fällt. Fünf Jahre sucht sie, um den Leichnam von der Front im Donbas nach Hause zu bringen und ihn dort zu beerdigen.

Sind Sie mit dem Krieg in Berührung gekommen? Wenn ja, hat das Ihren Film oder die Filmarbeiten beeinflusst?
Lviv ist hunderte Kilometer von der Front entfernt. Aber der Konflikt im Osten des Landes trifft jeden in der Ukraine. Durch die Konflikt bedingte Inflation, die sinkende Kaufkraft zum Beispiel der Renten. Dadurch, dass Söhne, Freunde und Kollegen, an der Front ums Leben kommen. Die Wirtschaft unter dem Konflikt leidet. Ich selber war vor zwei Wochen an der Front im Osten, aber das ist eine andere Geschichte.

Gibt es einen Moment, ein Erlebnis, das Sie nicht wieder vergessen werden?
Der Moment, in dem dir deine Interviewpartnerin so viel Vertrauen gibt, dass sie ihre Lebensgeschichte schenkt. Du ihr Vertrauen spürst. Das ist eine große Ehre.

Welchen Blickwinkel haben Sie auf die Frauen, die Sie portraitieren?
Respekt und Dankbarkeit. Es ist den Frauen nicht leicht gefallen, ihre Geschichte vor der Kamera zu erzählen. Sie haben es getan, weil sie Vertrauen gefunden haben. Drei von ihnen kenne ich über Jahre hinweg. Auch Journalismus kann nachhaltig sein und von Nachhaltigkeit profitieren.

Wie können wir alten Menschen in der Ukraine helfen?
Der BRK-Kreisverband Bamberg hat ein eigenes Spendenkonto eingerichtet:
BRK-Kreisverband Bamberg
IBAN: DE98 7705 0000 0000 0193 56
Spende „Lviv“

Der Film kann auch über www.winter-in-lviv.org gestreamt oder von Schulen geladen werden. Und ich komme gerne zu einer Vorführung: info@tillmayer.de.

Der Film im Kino: 

“Winter in Lviv” am 1. November um 19 Uhr mit den Filmemachern Till Mayer und Hendrik Steffens im Odeon. Der Eintritt ist frei, um Spenden wird gebeten. Mehr zur Veranstaltung auf Facebook, Winter in Lviv. Mehr zu Till Mayer unter www.tillmayer.de

Text: Karoline Keßler-Wirth
Pics: Till Mayer

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