Für- und Vorsorge statt Sorge

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31. Mai 2024
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Klimaaktivistin Luisa Neubauer begeistert das Publikum in der Bamberger Erlöserkirche

Bamberg   Die Erlöserkirche in Bamberg ist für einen Freitagnachmittag sehr gut besucht. Über 300 Menschen sind gekommen, um die Klimaaktivistin Luisa Neubauer in Bamberg sprechen zu hören. Pfarrerin Annette Simojoki hat die 28-Jährige zu einer Art philosophischem Live-Interview geladen. 

Hoffnung und Zuversicht in einer Welt der multiplen Krisen

Die Themen: Sorge und Angst vor der Krise, Zuversicht in Zeiten multipler Krisen, Macht und Ohnmacht, Tod und das Feiern des Lebens. Als Antwort auf die Frage, ob sie sich um die Welt sorge, führt Luisa Neubauer aus: „Ich sehe die Sorge um die Welt angesichts des Klimawandels nicht als Selbstzweck, sondern als etwas, das zu einem Ziel führt.“ Sie betone daher auch lieber die Begriffe Fürsorge und Vorsorge, in denen das sich Sorgen enthalten sei, aber eben auch eine positive Bedeutung mitschwinge – ein wichtiges Element für Luisa Neubauer. Gerade im Gespräch mit ihrer Großmutter Dagmar Reemtsma, mit der gemeinsam sie das Buch „Gegen die Ohnmacht. Meine Großmutter, die Politik und ich.“ verfasst hat, habe sie sich immer wieder damit auseinandergesetzt, wie sie einen Weg aus der eigenen Ohnmacht finden könne, einen Weg, mit den vielen Krisen umzugehen. „Ukraine-Krise, Krieg in Nahost, globale Auswirkungen des Klimawandels, ich kann verstehen, dass Menschen den Impuls haben, zu sagen: Ich will keine Nachrichten mehr sehen, lasst mich in Ruhe damit.“ Doch sich auch schlechte Nachrichten immer wieder zuzumuten, ist für Luisa Neubauer wichtig. Denn, so sagt sie, natürlich seien all die Krisen und all die Kollateralschäden, die sie mit sich bringen, eine Zumutung. Aber: „In Zumutung steckt auch Mut“, so Neubauer. Und weiter: „Sich um die Welt zu kümmern, das musss ich nicht jeden Tag, jede Sekunde machen. Aber man sollte sich ehrlich fragen, ob es nicht irgendetwas gibt, was ich tun kann.“ Das ist ihr ein wichtiges Anliegen. Die eigenen Privilegien als solche zu erkennen, und gerade weil wir in Deutschland das Privileg haben, noch ohnmächtig sein zu können, sich für andere Menschen einzusetzen, die dieses Privileg nicht mehr haben.“

Luisa Neubauer predigt zu den Menschen

Vielleicht ist es die Kirche als Ort, vielleicht sind es die Fragen der Pfarrerin. Luisa Neubauers Ausführungen würden sich auch als Predigt eignen. So sprach sie beispielsweise sehr persönlich über die Trauer um ihren geliebten Vater, der an Krebs gestorben ist, über ihren Umgang mit dieser Trauer, die sie zeitweise regelrecht versinken ließ und wie sie irgendwann trotz allem wieder Lachen konnte. 

Ihr Thema lautet: „Woran knüpfen wir Hoffnungen?“ „Es ist Zeit, sich davon zu befreien, dass Hoffnung am Ende des Weges erlösend auf uns wartet und wir bis dahin leiden müssen“, führt Neubauer aus. „Offenkundig liegt Hoffnung in uns, die wir den Weg gehen.“ Unsere Aufgabe sei es, einen Funken Licht zu finden und eine Tür aufzustoßen.“ An dieser Stelle macht sie doch einen kleinen Schwenk zur Klimapolitik: Ganz im Sinne der Denkerin Hannah Arendt und ihrem Konzept des Vita activa, also des tätigen Lebens, ruft Luisa Neubauer auf: „Ja zu sagen in einer Welt, die vor allem Nein sagt.“ So gebe es Negativrekorde gegen unseren Lebensraum, aber gleichzeitig auch mehr Klimapolitik als je zuvor. Und damit auch wieder Hoffnung. Ihr Credo: „Gute Laune behalten und eine Aufgeschlossenheit, ja Liebe zur Welt.“ Und eine radikale Zuversicht. 

Keine kämpferischen, sondern leise Töne

Wer eine kämpferische Klimaaktivistin erwartet hat, die darüber spricht, wie der Kampf gegen den Klimawandel aussieht, wurde vielleicht enttäuscht. Das philosophische, ja theologische Gespräch hatte viele leise Töne. Und Luisa Neubauer ist ohne Zweifel eine sehr kluge, sehr nachdenkliche Frau, die fantastisch reden und wahnsinnig schnell denken kann. Die gebannten Zuschauerinnen und Zuschauer rief sie am Ende auf, aufeinander Acht zu geben, die Hoffnung weiterzutragen und Geschichten zu finden und zu schreiben, wo sie gelebte Hoffnung sehen. „Nicht aus Sorge um die Welt, sondern um die Welt zu verstehen.“

Text und Pic: Karoline Keßler-Wirth

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