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Bamberg Im Interview spricht die Künstlerin Lisa Wölfel über das Chaos in ihrem Atelier, über Zerstreuung bei der Arbeit und darüber, wie sie Künstlerin geworden ist.
Wie fing es an mit Ihnen und der Kunst?
Die Frage ist, wie man Kunst definiert: Ich habe einfach schon immer gezeichnet. Dann habe ich – ganz unspektakulär – einfach weitergemacht. Im Studium und danach haben Leute an mich und meine Kunst geglaubt. Jetzt lebe und arbeite ich als Künstlerin. Das ist freut mich.
Ihre Bilder zeigen viele starke Frauenfiguren, was ist Ihnen an dem Thema besonders wichtig?
Ich arbeite sehr viel aus der Erinnerung. Aber für mich spielt das Geschlecht eigentlich keine große Rolle. Viele meiner Bilder sind Akt-Naturvermischungen und ich beherrsche den weiblichen Körper aus dem Gedächtnis besser als den männlichen Körper. Vielleicht versteht man den weiblichen Akt als Frau besser, es fällt mir einfach leichter, einen weiblichen Akt zu zeichnen. Aber meine Arbeit hat keinen Female Focus, es geht mir um den Menschen als solchen.
Wie kann man sich Ihren Arbeitsalltag vorstellen?
Ich würde gerne sagen, dass ich jeden Tag im Atelier arbeite, aber das stimmt nicht. Für mich ist das Arbeiten im Atelier sehr intensiv. Bei Arbeiten wie der großen Klara (Anmerkung der Redaktion: Das Porträt von Klara von Assisi, das im Diözesanmuseum zu sehen war und derzeit im Kesselhaus hängt) ist die Arbeit zwischendurch so intensiv, dass ich immer wieder emotional Abstand nehmen muss. Wenn die Arbeit sehr intensiv wird und viel Bewegung erfordert, wie bei den großen Leinwänden, male ich nur zwei Stunden am Tag. Ich verbringe auch viel Zeit mit Büroarbeit, manchmal bin ich mehr am Schreibtisch als im Atelier. Meistens mache ich, bevor ich ins Atelier gehe, noch etwas zur Zerstreuung.
Zum Beispiel?
Ich war früher gerne im Möbelfundus unter uns, einem Secondhand-Laden für Möbel. Der hat jetzt leider geschlossen. Dort habe ich mir Möbel angeschaut und auch immer mal wieder welche mitgenommen. Viele meiner Arbeiten sind aus gefundenen Sachen, ich habe beispielsweise Regalbretter verarbeitet oder alte Rollos. Oder ich koche ein kompliziertes Gericht. Das ist zwischendurch eine gute Ablenkung, um die Intensität der Atelierarbeit ein bisschen abzumildern.
Malen ist für Sie also anstrengend…
Es ist wahnsinnig anstrengend. Es macht natürlich auch Spaß, aber ich muss da meine Grenzen finden. Ich habe im Studium von frühmorgens bis nachts durchgemalt. Das ist auch für meine Seele nicht gesund. Jeder muss für sich seinen Rhythmus finden. Ich bin jemand, der mit Intuition arbeitet, aus dem Gefühl heraus, und das ist eine andere, komische Art von Anstrengung. Ich muss schauen, dass meine Art zu Arbeiten gut für die Bilder ist, aber auch für mich.
Sind Sie viel unterwegs?
In letzter Zeit schon, zu den Ausstellungen. In Bamberg, aber auch in Österreich. Das macht mir Freude. Auch, dass es ein Teil meines Berufs ist, herumzukommen, neue Dinge und neue Orte zu sehen. Das hilft mir bei der Atelierarbeit. Denn so bekomme ich nicht nur einen inneren, sondern auch einen räumlichen Abstand.
Wie kann man sich Ihr Atelier vorstellen?
Immer anders. Jeder andere findet es chaotisch, ich habe meine eigene Ordnung darin. Je nachdem, an was ich gerade arbeite. Ich baue mir ein System für jede Arbeit. Bei einem Projekt stehen Tuscheflaschen in einer bestimmten Anordnung am Boden herum, dann liegen Pastellkreiden und überall Kohle dazwischen. Es ist sehr staubig, und irgendwo liegt der Hund. Mein Partner und ich teilen uns das Atelier, einen großen Raum in einem Atelierhaus, einem alten Backsteingebäude. Dort haben wir mit anderen Künstlerinnen und Künstlern eine Ateliergemeinschaft gegründet. Wir teilen unseren Raum alle paar Monate neu auf. Ab und zu teilen wir das Atelier auch konkret ab. Zurzeit hat jeder einen kleinen Bereich, und wir haben einen großen gemeinsamen Bereich. Wir räumen uns den Platz danach ein, wer gerade das größere Projekt hat.
Haben Sie manchmal am Weg, als Künstlerin zu arbeiten, gezweifelt?
Selbstverständlich zweifle ich. Regelmäßig. Dieser Weg war für mich auch keine Wahl. Ich glaube, jeder kann etwas und ich kann nicht so viel anderes richtig gut. Von daher habe ich den starken Glauben, dass ich immer Künstlerin sein werde. Die Rückmeldungen, die Anerkennung, die ich gerade erlebe, geben mir unheimlich viel Mut, weiterzumachen. Meine Zweifel sind eher: Was kann bildende Kunst überhaupt bei einem Gegenüber auslösen? Ich bekomme aber mit, dass meine Kunst die Leute richtig berührt. Das gibt mir das Gefühl, dass meine Arbeit in der Welt etwas zu suchen hat, und macht mir sehr viel Mut. Ich stecke schon viel zu tief drin, um noch aufzuhören. Das ist keine Entscheidung, sondern ein Weg.
Was ist Ihnen gerade besonders wichtig?
Die Balance zu halten zwischen Arbeit und Selbstliebe. Mich um mich selbst zu kümmern, um nicht zu verschwinden. Bei meiner Arbeit geht um Balance, um Intuition und Kontrolle. Nur so kann ich auch in Zukunft als Künstlerin arbeiten. Wichtig ist mir auch, mich jetzt gut vorzubereiten auf neue Projekte. Es stehen einige Ausstellungen und Aufträge an, auf die ich mich sehr freue.
Sie sind in Bamberg zur Schule gegangen. Was ist Ihr Lieblingsort in Bamberg?
Ich mag am liebsten die Wasserstraßen. Und den Hain, da bin ich ganz viel gewesen bin. Es gibt so viele schöne Orte in Bamberg. Klein-Venedig ist wunderschön. Eigentlich alles, was am Wasser stattfindet. Und das Café Müller.
Über Lisa Wölfel
Die Künstlerin ist 1988 in Haßfurt geboren und dort aufgewachsen, in Bamberg zur Schule gegangen und hat in Nürnberg studiert. Mittlerweile lebt und arbeitet sie in Leipzig. Im Oktober wurde ihr der SI-Kunstpreis für bildende Künstlerinnen in der Europäischen Metropolregion Nürnberg 2023 verlieren. SI, Soroptimist International, ist eine weltweite Organisation berufstätiger Frauen. Die Ausstellung anlässlich der Preisverleihung ist noch bis 29. Oktober im Kesselhaus in Bamberg, Untere Sandstraße 42, zu sehen.
Text und Pics: Karoline Keßler-Wirth